Jenseits von Dialektik und Dogma

Überlegungen zu einem postmetaphysischen Marxismus und negativem Materialismus

Ein Beitrag von Erwin G. Ott vom 17. Juli 2025

Der Essay untersucht die Möglichkeit eines postfundamentalistisch gewendeten Marxismus, der sich von substanzialistischen Ontologien ebenso verabschiedet wie von utopischer Teleologie. Im Fokus steht dabei die Rekonstruktion eines negativen Materialismus, verstanden als theoriekritische Operation ohne letzten Grund, die dennoch an der Kategorie des Materiellen als epistemisch und historisch nicht auflösbarem Residuum festhält.

Ausgehend von einer doppelten Bewegung – der postmetaphysischen Selbstkritik der Philosophie seit der Frankfurter Schule und der poststrukturalistischen Kritik am Subjekt und der Geschichte – rekonstruiert der Text zentrale Topoi marxistischer Theorie neu: Produktionsverhältnisse werden als prekäre Praktiken, Klasse als relationale Konstellation, Materialität als Differenz von Widerständigkeit und Vermittlung begriffen. Die Dialektik erscheint nicht mehr als Versöhnungsgestus, sondern als Form negativer Vermittlung, im Sinne Adornos.

Durch systematische Bezugnahme auf zeitgenössische Denker wie Meillassoux, Chakrabarty, Žižek und Althusser wird ein Möglichkeitsraum für eine kritische Theorie skizziert, die den Verlust ontologischer Sicherheit nicht als Defizit, sondern als Bedingung einer neuen Theoriebildung begreift: anti-fundamentalistisch, kontingenzsensibel, materialen Resten verpflichtet.

Im Ergebnis schlägt der Essay eine Konzeption des Denkens vor, das in der Figur der Konstellation operiert: nicht als System, sondern als bewegliches Set theoretischer Operationen im Spannungsfeld von Kritik, Affekt und Praxis – als postmetaphysischer Marxismus im Modus negativer Materialität.