Diese Monographie untersucht genealogisch die „Logik der Kalkulierbarkeit“, die sich seit der Neuzeit von einer mathematisch-naturwissenschaftlichen Methode zu einem dominanten epistemologischen Paradigma entwickelt hat. Sie analysiert, wie die Mathematisierung und anschließende Ökonomisierung der Realität nicht nur zur Beschreibung, sondern aktiv zur Konstruktion einer vermeintlich beherrschbaren Welt beitragen.
Die zentrale These der Arbeit ist, dass dieses Paradigma der Kalkulierbarkeit ein umfassendes „Paradigma der Kontrolle“ etabliert. Dieses suggeriert eine umfassende Plan- und Steuerbarkeit von Phänomenen, ignoriert jedoch systematisch inhärente Komplexität, Nicht-Linearität, emergentes Verhalten und radikale Unvorhersehbarkeit. Anhand der Bereiche Management, politische Steuerung und soziale Ingenieurkunst wird aufgezeigt, wie diese Illusion der Beherrschbarkeit zu Fehlinterpretationen der Realität und der Konstruktion fragiler Systeme führt.
Des Weiteren kritisiert die Monographie die weitreichende „Ökonomisierung des Wissens“, die die Bewertung von Forschung und Lehre auf quantifizierbare Metriken reduziert und die Bildung primär als Humankapitalinvestition versteht. Dies instrumentalisiert Wissen als Kontrollinstrument (Algorithmen, Datenmacht) und führt zu einem signifikanten Verlust von „unkalkulierbaren“ Wissensformen wie Intuition, Erfahrungswissen und Weisheit.
Im Schlusskapitel plädiert die Arbeit für einen notwendigen Paradigmenwechsel jenseits der reinen Kalkulierbarkeit. Dieser fordert die Anerkennung von Unvorhersehbarkeit, die Förderung von Resilienz und Adaptivität, die Wiederentdeckung qualitativen Wissens, eine kritische Reflexion von Modellen sowie eine umfassende Demokratisierung des Wissens. Ziel ist die Entwicklung einer umfassenderen Rationalität, die in der Lage ist, die vielschichtigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht durch illusorische Kontrolle, sondern durch ein ganzheitliches, verantwortungsbewusstes und anpassungsfähiges Verständnis der Welt zu meistern.