Der vorliegende Essay portraitiert Raymond Geuss als Vertreter eines anti-heroischen, postmetaphysischen Philosophierens. Er zeichnet ein Bild eines Denkers, der konsequent auf das Pathos des „großen Entwurfs“ verzichtet und stattdessen Philosophie als historisch-politische Tätigkeit versteht, die ohne transzendente Sicherheiten auskommt. Im Zentrum steht Geuss’ Misstrauen gegenüber intellektueller Selbstinszenierung und normativen Beruhigungen – ein Misstrauen, das sich aus seiner Rezeption der Skepsis, der essayistischen Tradition Montaignes und der negativen Dialektik Adornos speist. Der Text verfolgt Geuss’ intellektuellen Weg zwischen Frankfurt und Cambridge, seine bewusste Distanz zu systembildenden Schulen und seine Haltung, politische Philosophie eher diagnostisch als konstruktiv zu betreiben. Dabei wird auch sein Umgang mit der Philosophiegeschichte beleuchtet, der weniger auf Fortschrittsnarrative als auf einen kritischen Rückgriff im Lichte gegenwärtiger Problemlagen zielt. Abschließend plädiert der Essay für das Verständnis von Geuss’ Werk als einer Form der Aufklärung, die die Würde des Fragens über jede definitive Antwort stellt.