Nach dem Mythos
Hans Blumenberg zum 30. Todestag

Ein Essay über das Unsagbare, das Sagbare und die Umwege dazwischen

Ein Beitrag von Erwin G. Ott vom 14. Juli 2025

Dreißig Jahre nach dem Tod Hans Blumenbergs ist dessen Werk präsenter denn je – nicht nur als Beitrag zur Ideengeschichte, sondern als Ressource für ein Denken, das sich dogmatischer Schließung verweigert. Der vorliegende Essay unternimmt eine umfassende Lektüre zentraler Motive in Blumenbergs Philosophie, mit besonderem Augenmerk auf seine Auseinandersetzung mit Metaphysik, Anthropologie und Sprache. Dabei wird Blumenbergs Arbeit als ein Denken im Modus des Vorbehalts rekonstruiert: gegen Ursprungsfixierung, gegen systemische Überbietung, gegen vorschnelle Geschichtsphilosophie.

Im Zentrum steht Blumenbergs Reflexion auf die Unbegrifflichkeit als epistemische Haltung, die nicht auf letzte Gewissheit, sondern auf tragfähige Formen der Welterschließung zielt. Zugleich wird gezeigt, wie seine metaphorologischen und anthropologischen Analysen vor dem Hintergrund aktueller Debatten (z. B. um Posthumanismus und spekulativen Realismus) neue Relevanz entfalten. Der Essay verfolgt diese Linien von der Legitimität der Neuzeit bis zur Beschreibung des Menschen und fragt nach dem bleibenden Denkpotenzial einer Philosophie, die sich selbst als fragend versteht – nicht als Autorität, sondern als Gesprächspartner im Übergang.

Blumenbergs Werk erweist sich dabei als genuin posthumes Denken: mehr Nachlass als System, mehr Spur als Programm. Die Denkfiguren, die es hervorbringt, bieten keine Lösungen, aber einen Horizont – und das heißt: die Möglichkeit, unter veränderten Bedingungen weiterzudenken.