Der Essay untersucht Theodor W. Adornos Musikdenken im Horizont postmetaphysischer Philosophie und interpretiert seine ästhetische Theorie als paradigmatische Denkform jenseits traditioneller metaphysischer Gewissheiten. Ausgehend von Adornos Einsicht in die gesellschaftliche und erkenntnistheoretische Sprengkraft musikalischer Erfahrung wird Musik als Ort kritischer Selbstvergewisserung des Subjekts analysiert – nicht im Sinne affirmativer Sinngebung, sondern als negative Erkenntnisform, die Wahrheit als Nicht-Identität erfahrbar macht.
Im Zentrum steht die These, dass Adornos Musikphilosophie eine ästhetisch vermittelte Antwort auf die Enttäuschung des Fortschritts- und Versöhnungsdenkens der Moderne darstellt. Dabei wird Musik nicht als bloßes Ausdrucksmedium, sondern als autonome Klangform verstanden, die gesellschaftliche Widersprüche in sich aufnimmt, formal durcharbeitet und so die Bedingungen postmetaphysischen Denkens selbst reflektiert. Anhand zentraler Topoi wie Fragment, Dissonanz, Utopie und subjektiver Erfahrung wird gezeigt, wie Musik bei Adorno zur philosophischen Denkfigur wird: als prekäre Wahrheit ohne Trost, als widerständige Artikulation inmitten kultureller Erstarrung.
Im letzten Teil wird Adornos Musikdenken in den Kontext gegenwärtiger Philosophie (u. a. Nancy, Barad, Rosa) sowie der digitalen Kulturökonomie gestellt, um seine Aktualität angesichts algorithmisch generierter Musik, Künstlicher Intelligenz und der Krise der Werkautonomie neu zu bewerten. Der Essay plädiert für eine Relektüre Adornos nicht als Rückgriff auf vergangene Moderne, sondern als Anstoß für ein Denken in der Schwebe – hörend, tastend, kritisch.