Eine Genealogie des Resonanzlosen Bösen

Von der Antike bis zur Postmoderne

Beitrag von Betves Eszbestek vom 27. Juni 2025

Dieser Essay skizziert eine Genealogie des „Resonanzlosen Bösen“, einem Konzept, das sich durch die Abwesenheit wirksamer moralischer, politischer oder sozialer Resonanz auf objektiv existierendes Leid auszeichnet. Im Gegensatz zu traditionellen Vorstellungen, die das Böse an Absicht oder direkter Gewalt messen, fokussiert dieses Konzept auf die Stille und Gleichgültigkeit, die eine notwendige Reaktion auf Unrecht verhindert.

Die Genealogie verfolgt die Manifestationen dieser Resonanzlosigkeit durch verschiedene Epochen: von der Antike und dem Mittelalter, wo Leid oft als Schicksal oder unabänderliche göttliche/soziale Ordnung hingenommen wurde; über die Frühe Neuzeit, geprägt von der Entmenschlichung im Kolonialismus und der Rationalisierung staatlicher Gewalt; durch das 19. und frühe 20. Jahrhundert, in dem die Industrialisierung und Bürokratisierung massives Leid anonymisierten; bis zur Mitte und spätem 20. Jahrhundert, gekennzeichnet durch totalitäre Systeme, die Resonanz aktiv unterdrückten. Das 21. Jahrhundert stellt schließlich eine neue Dimension dar, in der Digitalisierung, Algorithmen, globale Lieferketten und der Klimawandel das Resonanzlose Böse als intransparentes, komplexes und schwer zuschreibbares Phänomen verstärken.

Der Essay beleuchtet, wie sich die Ursachen und Formen der Resonanzlosigkeit gewandelt haben – von religiös oder sozial legitimierter Passivität zu systematischer Verschleierung und algorithmischer Undurchdringlichkeit. Abschließend wird die dringende Notwendigkeit einer geschärften ethischen Wahrnehmung und proaktiver Verantwortlichkeit betont, um diesen sich entwickelnden „Schatten“ in einer zunehmend komplexen Welt zu begegnen.